Nach Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) gab es rund 120.000 weniger Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe im August 2025 gegenüber dem Vorjahresmonat – und der Abbau geht weiter. Schuld daran sind, neben Auftrags- und Produktionsrückgang, zu hohe Arbeitskosten. Im verarbeitenden Gewerbe ist die Arbeitsstunde gemäß Destatis um 43 % teurer als im EU-Durchschnitt. Der Arbeitskostenindex erreichte im zweiten Quartal 2025 einen neuen Höchststand. Und laut Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln liegen die Lohnstückkosten um 22 % über dem Durchschnitt der 27 EU-Länder. All das schwächt die Wettbewerbsfähigkeit. Ausschlaggebend sind vor allem die Lohnnebenkosten; hinzu kommen weitere Vorgaben und Regularien. Auf zügige Reformen und Schritte zur Kostensenkung pocht der Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung (WSM): „Uns ist klar, dass mutige Reformen Gegenwind erzeugen. Aber besser Gegenwind als Untergang,“ warnt WSM-Hauptgeschäftsführer Christian Vietmeyer.
Stellenabbau und Abwanderung: Verlust von industrieller Substanz
Der WSM, Dachverband von 13 Industrieverbänden mit rund 5.000 Unternehmen und über 450.000 Beschäftigten, weist auf die Folgen der gestiegenen Kosten hin: Produktionsverlagerungen, Stellenabbau sowie der Verlust von Know-how und industrieller Substanz. Eine aktuelle Allensbach-Studie kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: 94 % der energieintensiven Unternehmen erwarten eine Abwanderung – und das vermutlich nicht nur aufgrund der Energiekosten.
„Wie soll man mit diesen Arbeitskosten international mithalten?“
„Unsere WSM-Mitglieder können sich ihre Mitarbeiter am Standort nicht mehr leisten. Wir sprechen von Mittelständlern, die sich höchst ungern von Fachkräften trennen. Aber sie haben keine Wahl“, unterstreicht Ulrich Flatken, WSM-Präsident und CEO der Mecanindus Vogelsang Group. „Wie soll man mit diesen Arbeitskosten international mithalten? Kunden fordern uns auf,
woanders zu produzieren.“
Müssen auf den Prüfstand:
Lebensarbeitszeit, Gesundheitssystem etc.
Die Arbeitskosten vernichten nicht nur Industriejobs, sondern auch weitere bei anhängenden Dienstleistern. Ihr Erhalt geht also jeden an. Es liegt auf der Hand, dass Themen wie Lebensarbeitszeit, versicherungsfremde Leistungen und die hohen Kosten des Gesundheitssystems überprüft werden müssen. „Die Politik muss auch Anreize schaffen, arbeiten gehen zu wollen. Leistung muss interessant sein“, plädiert Thomas Hüttenhein, Mitglied des WSM-Präsidiums und CEO von Schlager Industrieofenbau.
„Bei sinkender Produktivität dürfen Arbeitskosten nicht steigen“
Um den Verlust gut bezahlter Industriearbeitsplätze zu bremsen, ist eine Begrenzung der Sozialabgaben erforderlich. Ulrich Flatken: „Bei sinkender Produktivität dürfen Arbeitskosten nicht steigen. Die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenzen in Kranken- und Pflegeversicherung von 59.850 Euro 2023 auf voraussichtlich 69.750 Euro im Jahr 2026 sind daher falsch. Die Zeiten sind vorbei, in denen wir dank Produktivität den Luxus von hohen Löhnen und hohen Lohnnebenkosten stemmen konnten.
„Wer gegen soziale Reformen votiert, votiert für steigende Arbeitslosigkeit als Folge unbezahlbarer Arbeitskosten“, warnt Christian Vietmeyer. „Mit gravierenden Folgen für Wohlstand und soziale Stabilität. Die Politik hat die Verantwortung, dem entgegenzuwirken.“
(Quelle: Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung)
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