Technologien
Jasmin Saewe M.Sc. ist heute Leiterin des Kompetenzfelds Laser Powder Bed Fusion am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT. - © Fraunhofer ILT, Aachen
16.11.2021

Ein prägendes Patent: 25 Jahre metallischer 3D-Laser-Druck

Ein prägendes Patent: 25 Jahre metallischer 3D-Laser-Druck

Eine Drohne schwebt am Himmel über dem Aachener Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT und filmt 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Bereich „Laser Powder Bed Fusion (LPBF)“. Sie stehen zusammen und bilden die Ziffer 25. Das Jubiläum zum LPBF-Basispatent ist der Anlass für einen Video-Clip: Vor 25 Jahren arbeitete nur ein Forscher des Fraunhofer ILT aktiv in diesem Bereich. Im Jahr 1996 wurde das Patent zum metallischen 3D-Laser-Druck eingereicht. „Ein guter Anlass für einen Rück- und Ausblick zu unserer Technologie“, freut sich Jasmin Saewe. Sie ist seit einigen Monaten Leiterin des Kompetenzfelds LPBF am Fraunhofer ILT. Heute zählt sie rund 50 Mitarbeitende und Studierende.

Die Erfinder des Verfahrens, Wilhelm Meiners, Andres Gasser und Kurt Wissenbach stehen vor einem kleinen Transportwagen: „Gestartet sind wir im Prinzip mit meiner halben Stelle“, erzählt Meiners − heute Experte bei TRUMPF Laser- und Systemtechnik GmbH − lächelnd und schaut vor sich auf die allererste LPBF-Maschine des Fraunhofer ILT. Schichtweise wird das Metallpulver mittels Rakel aufgetragen. In jedem dieser Arbeitsgänge wird der Laserstrahl entlang berechneter Bahnen über das Pulverbett verfahren. Durch das Aufschmelzen des Metallpulvers wird das Werkstück Schicht um Schicht in der vorgesehenen Form gefertigt. Meiners erinnert seine Mitstreiter und lächelt: „Niemand hat daran geglaubt – nur wir - dass aus unserer Entwicklung etwas Brauchbares werden kann!“

Das LPBF-Verfahren bietet die Möglichkeit, komplexe Funktionsbauteile ressourceneffizient und wirtschaftlich herzustellen. Die Fertigungskosten hängen dabei weniger von der Komplexität der Geometrie ab, sondern hauptsächlich vom Volumen des Bauteils. Das Besondere an der Idee damals: auf anwendungs-interessante Werkstoffe zu setzen, wie z.B. Cobalt-Chrom-Legierungen für Dentalimplantate und daran den Prozess anzupassen. Das LPBF-Verfahren findet heute breite industrielle Anwendung beim Turbomaschinen- und Automobilbau, über die Luft- und Raumfahrt, bis hin zur Medizintechnik. Im Jahr 2019 wird der globale Markt für Additive Fertigung von Metallen einschließlich System-, Material- und Dienstleistungsumsatz auf rund 2 Mrd. Euro geschätzt. Dabei ist LPBF heute mit über 80 Prozent die dominierende Technologie auf dem Markt für die Additive Fertigung mit Metallen. Im Fokus steht dabei gegenwärtig die Entwicklung von innovativen Belichtungskonzepten, die an die Anforderungen oder die Geometrie von Bauteilen angepasst sind.

Die Erfinder des Verfahrens, Wilhelm Meiners, Kurt Wissenbach und Andreas Gasser stehen vor einem kleinen Transportwagen mit der ersten LPBF-Maschine. - © Fraunhofer ILT, Aachen
Die Erfinder des Verfahrens, Wilhelm Meiners, Kurt Wissenbach und Andreas Gasser stehen vor einem kleinen Transportwagen mit der ersten LPBF-Maschine. © Fraunhofer ILT, Aachen

Die Expertise des Fraunhofer ILT im Systems Engineering wird genutzt, um neuartige Maschinenkonzepte zur Steigerung der Produktivität des Verfahrens zu entwickeln. Jasmin Saewe: „Sehr wichtig nehmen wir die Integration unserer Entwicklungen in industrielle Prozessketten sowie die Identifizierung und Initiierung weiterer Business Cases.“

Mit dem schichtweisen Aufbauprozess des LPBF-Verfahrens lässt sich eine dreidimensionale Fertigungsaufgabe auf zwei Dimensionen reduzieren. Dadurch bietet das Verfahren eine Reihe von systematischen Vorteilen im Vergleich zu konventionellen Fertigungstechniken wie dem Urformen oder der Zerspanung. Beispielweise sind so überhaupt komplexe Kühlkanäle zur gezielten Temperierung von Werkzeugen oder integrierte Gitterstrukturen für Leichtbauanwendungen möglich. Somit lassen sich Prototypen in Kleinserien mit serienidentischen Werkstoffeigenschaften in kürzester Zeit her-stellen. Systematischer Vorteil ist die Verkürzung von Entwicklungszeiten. Zahlreiche Iterationen lassen sich mit geringerem Aufwand durchführen. Daraus resultiert eine verkürzte Zeit bis zur Markteinführung neuer Produkte.

Hier soll die ganzheitliche Betrachtung der LPBF-Technologie auch Grundlage für ein gesellschaftlich relevantes Zukunftsthema des Fraunhofer ILT sein. Hinsichtlich einer kreislauforientierten Produktion und zum Thema „Ökologischer Fußabdruck“ soll der LPBF-Prozess beispielgebend werden; der Fokus liegt auf dem „Life Cycle Assessment“. Eine transparente Bewertung ökologisch und nachhaltig hergestellter Produkte hilft der Industrie und KMU (Kleine und Mittlere Unternehmen) Verantwortung für Mensch und Umwelt zu übernehmen und sich mit einem Wettbewerbsvorteil am Markt zu positionieren. Miterfinder Willhelm Meiners ist sich sicher: „Innerhalb der nächsten 20 Jahre wird LPBF eine noch größere Rolle spielen. Ich denke gerade auch an den Automotive- Bereich!“

Den Video-Clip zum 25-jährigen Jubiläum des LPBF-Patents finden Sie hier:

Video-Clip ansehen

(Quelle: Presseinformation des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT)

Schlagworte

3D-DruckAdditive FertigungLaser Powder Bed FusionLaserstrahltechnologienLasertechnologien

Verwandte Artikel

Julianna Posey beim Vorbereiten der Stahlproben für ihre Untersuchung. Die US-Amerikanerin ist für ihre Promotion an der Hochschule Osnabrück nach Deutschland gekommen
20.10.2024

Untersuchungen über die Schweißbarkeit von additiv gefertigtem und gegossenem Stahl

Julianna Posey untersucht Schweißverbindungen aus gegossenem und additiv gefertigtem Stahl. Im Fokus stehen die Ermüdungserscheinungen des gedruckten Stahls nach dem Schw...

3D-Druck Additive Fertigung Luftfahrt Medizintechnik Schweißbarkeit Stähle
Mehr erfahren
Schub für neue Antriebe: Laserauftragschweißen (LMD) soll für eine schnellere und kostengünstigere Produktion von Antriebsdüsen für die nächste Raketengeneration des Ariane-Programms sorgen (im Bild: erfolgreicher Start einer Ariane 5).
18.10.2024

Mit 3D-Druck zur grünen Luft- und Raumfahrt

Die ReFuelEU Aviation-Verordnung schreibt eine Drosselung der CO₂-Emissionen der Luftfahrt bis zum Jahr 2050 um 60 Prozent vor. Unterstützung erhalten die Aerospace-Unter...

3D-Druck Additive Fertigung CO₂-Fußabdruck Laser Powder Bed Fusion Laserauftragschweißen Leichtbau LMD Luftfahrt Raumfahrt
Mehr erfahren
Additiver Aufbau des Rohrabzweigs mit Schweißlagen, Schweißlabor Fronius International, Thalheim, Österreich.
18.10.2024

Musterqualifizierung eines additiv gefertigten Druckbehälters

Linde Engineering, MIGAL.CO, TÜV SÜD Industrie Service GmbH und Fronius International möchten der drahtbasierten Fertigungsvariante im lichtbogenbasierten Metall-3D-Druc...

Additive Fertigung Anlagenbau CMT-Schweißprozess Cold-Metal-Transfer-Schweißprozess DIN/TS 17026 Druckbehälter Flugzeugbau Leichtbau Metall-3D-Druck Metallischer 3D-Druck Musterqualifizierung Werkzeugbau
Mehr erfahren
Gedruckte Zahnkronen.
17.10.2024

Anti-Aging-Pulver für die Additive Fertigung

Deloro Wear Solutions präsentiert auf der formnext sein Portfolio im Bereich der Additiven Fertigung. Im Mittelpunkt steht der Einsatz von Stellite-Legierungen auf Kobalt...

3D-Druck Additive Fertigung AM Selective Laser Melting SLM Verschleiß Verschleißschutz
Mehr erfahren
„Die Lasertechnologie bietet uns die Möglichkeit, die Herausforderungen der Wasserstoffwirtschaft auf eine nachhaltige und effiziente Weise zu meistern“, erklärte Dr. Alexander Olowinsky, Leiter der Abteilung Fügen und Trennen am Fraunhofer ILT und Gastgeber des LKH2.
05.10.2024

Laser-Technologien für die Zukunft der Wasserstoffwirtschaft

Beim 5. Laser Colloquium Hydrogen 2024 – LKH2 lag der Fokus auf der Fertigung von metallischen Bipolarplatten, der Prozessüberwachung und der Funktionalisierung von Oberf...

Bipolarplatten Diodenlaser Lasertechnologien Oberflächenbehandlung Oberflächenfunktionalisierung Prozessüberwachung Ultrakurzpulslaser Wasserstoff Wasserstoffwirtschaft
Mehr erfahren