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© Fraunhofer IPA/Foto: Rainer Bez
13.05.2025

Mobiles Messgerät prüft Pulver in Sekundenschnelle

Den Alterungszustand von gebrauchtem Kunststoffpulver zu ermitteln, war bisher ein zeitraubendes und teures Unterfangen. Doch nun hat ein Wissenschaftler vom Fraunhofer IPA ein Prüfverfahren entwickelt, das binnen Sekunden Ergebnisse liefert. Die Kosten für 3D-gedruckte Bauteile könnten deshalb sinken.

Das Kunststoffpulver, das beim 3D-Druck zum Einsatz kommt, wirkt meist noch wie neu, wenn es den ersten Druckprozess durchlaufen hat. Beim Selektiven Laserstrahlsintern, einem weit verbreiteten 3D-Druckverfahren, wird das Kunststoffpulver flächig aufgebracht, erwärmt und an genau definierten Stellen mit einem Laserstrahl verfestigt. Dieser Vorgang wiederholt sich Schicht für Schicht, bis das gewünschte Bauteil fertig ist. Dabei wird auch das Pulver, das nicht lokal aufgeschmolzen wird, für mehrere Stunden auf eine Temperatur deutlich oberhalb von 100°C erhitzt und am Ende des Bauprozesses wieder auf Raumtemperatur abgekühlt. Dabei altert das Material.

Doch mit bloßem Auge ist das häufig nicht erkennbar. Meist hat das Pulver immer noch den gleichen Farbton und ist so fein, dass die einzelnen Körner für das menschliche Auge gerade noch sichtbar sind. Gelegentlich treten Verklumpungen oder Verfärbungen auf. Doch gravierender sind diejenigen Alterserscheinungen, die sich auf molekularer Ebene abspielen: Am häufigsten tritt bei der Erhitzung im 3D-Drucker die sogenannte Festphasen-Nachkondensation auf. Dabei verbinden sich die Polymerketten untereinander, werden also länger. „Dabei verändern sich die Eigenschaften des Pulvers. Denn je länger die Polymerketten sind, desto höher liegen die Schmelztemperatur und -viskosität“, sagt Marc Gabaldón González vom Forschungsteam Additive Prozesse für Thermoplaste am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA.

Mobiles Raman-Spektrometer erfasst Alterungszustand

Um zu verhindern, dass das Gebrauchtpulver den Druckprozess verlängert, den Energieverbrauch in die Höhe treibt oder minderwertige Bauteile hervorbringt, mischt es die Industrie mit neuem Kunststoffpulver. Doch eine Garantie für hochwertige Ergebnisse sind diese sogenannten Baumischungen nicht. „Es kann immer sein, dass die Bauteile am Ende Defekte aufweisen, die Dimensionen nicht stimmen oder die Oberfläche uneben wird“, sagt Gabaldón González. Zuverlässige Vorhersagen über die zu erwartende Güte liefern bisher nur langwierige Prüfverfahren – ein Aufwand, der sich selten rechnet.

Wird das mobile Raman-Spektrometer auf das Kunststoffpulver gerichtet, zeigt das Display des Messgeräts eine Kurve an, die Rückschlüsse über den Zustand des Pulvers zulässt. - © Fraunhofer IPA/Foto: Rainer Bez
Wird das mobile Raman-Spektrometer auf das Kunststoffpulver gerichtet, zeigt das Display des Messgeräts eine Kurve an, die Rückschlüsse über den Zustand des Pulvers zulässt. © Fraunhofer IPA/Foto: Rainer Bez

Um Fehldrucke in Zukunft möglichst auszuschließen und um zu verhindern, dass die Industrie Gebrauchtpulver entsorgt, obwohl es noch verwendet werden kann, hat Gabaldón González eine Methode entwickelt, mit der der Alterungszustand des Kunststoffpulvers zerstörungsfrei und in wenigen Sekunden analysiert werden kann. Im Zentrum steht dabei ein mobiles Raman-Spektrometer, ein Gerät, das nur wenig größer als ein Smartphone und verglichen mit einem stationären Raman-Spektrometer oder einem Rheometer verhältnismäßig günstig ist. Mit einem mobilen Raman-Spektrometer identifizieren zum Beispiel Zollbeamte Drogen oder Sprengstoff.

Prüfverfahren spart der Industrie bares Geld

Wenn Gabaldón González das mobile Raman-Spektrometer auf das Kunststoffpulver richtet, zeigt das Display des Messgeräts in Sekundenschnelle eine Kurve an, die Rückschlüsse über den Zustand des Pulvers zulässt, da das angezeigte Spektrum mit der Massenzunahme der Polymerketten korreliert. „Je größer die molare Masse, desto älter das Pulver“, erklärt der Chemiker. „Denn je öfter das Pulver den Prozess der Festphasen-Nachkondensation erfährt, desto länger und schwerer sind die Polymerketten.“ Im Vergleich mit den hinterlegten Referenzkurven aller untersuchten Pulver wird auf einen Blick klar, in welchem Alterungszustand das Gebrauchtpulver ist.

Der Industrie spart dieses unkomplizierte und schnelle Prüfverfahren bares Geld. Denn nun ist es nicht mehr nötig, Gebrauchtpulver nach wenigen Druckprozesszyklen zu entsorgen. Stattdessen kann es so lange im Umlauf bleiben, wie es laut Messergebnis qualitativ hochwertige Bauteile erwarten lässt. Ein möglicher vielversprechender Anwendungsbereich dieser Analysemethode liegt deshalb in der Herstellung von Baumischungen für das Laserstrahlsintern. Durch die präzise Analyse der Mischverhältnisse von neuem und recyceltem Pulver kann die Methode dazu beitragen, die Materialzusammensetzung gezielt zu steuern und einen definierten Zielzustand des Pulvers zu erreichen.

(Quelle: Pressemeldung Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA)

Schlagworte

Additive FertigungLaserstrahlsinternMessgerätPrüfverfahren

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