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16.08.2020

Wie aus Mitarbeitern Sparfüchse werden

Wie aus Mitarbeitern Sparfüchse werden

In der aktuellen Krisen- und Marktumbruchsituation müssen viele mittelständische Unternehmen ihre Fixkosten senken. Unklar ist ihnen aber oft, wie sie ihre Mitarbeiter motivieren können, Ideen zum Zeit- und Geldsparen zu entwickeln.

In Krisenzeiten, wenn die Umsätze und Erträge auf Talfahrt gehen, steht auf der Prioritätenliste vieler Unternehmen ein Thema ganz oben: Sparen. Und dies nicht nur, weil es die Liquidität zu wahren gilt, sondern auch, weil die Kosten zu den wenigen Faktoren zählen, die Unternehmen relativ kurzfristig aktiv beeinflussen können. Hinzu kommt: In guten Zeiten setzen Unternehmen – wie Menschen – oft verzichtbaren Speck an. Deshalb wirken Kostensenkungsprogramme nicht selten wie Schlankheits- und Fitnesskuren.

Die Einsparpotenziale identifizieren

Um die vorhandenen Einsparpotenziale zu ermitteln, können Unternehmensleitungen Berater ins Haus holen. Das Problem hierbei ist jedoch gerade in Krisen- und Marktumbruchzeiten, wenn die Nerven ohnehin angespannt sind: Sobald die Damen und Herren mit Anzug und Aktenkoffer durch das Unternehmens laufen, tönt es im Flurfunk: „Mit Sicherheit gibt es bald Entlassungen“ oder: „Vermutlich wird der Bereich x dicht gemacht.“ Die bereits vorhandene Verunsicherung der Belegschaft wächst also weiter. Deshalb handeln vorausschauende Unternehmen, wenn es ums Thema Sparen geht, oft anders: Sie nutzen die Kreativität ihrer Mitarbeiter und erzielen mit Hilfe eines professionellen Ideenmanagements sowie regelmäßiger Sparkampagnen die nötigen Einsparungen.

Wie groß das Einsparpotenzial in vielen mittelständischen Unternehmen ist, zeigt ein Rechner, den die Firma Innolytics aus Leipzig auf Basis von Studien und Unternehmensdaten entwickelt hat:

  • Ein Unternehmen mit 250 Beschäftigten spart demzufolge allein durch die Einführung eines professionellen Ideenmanagements jährlich im Schnitt 45.000 Euro.
  • Führt es zudem zwei Ideen- bzw. Sparkampagnen im Jahr durch, sind es bereits 240.000 Euro.
  • Mit fokussierten Fragestellungen und einem Management, das die Kreativität der Beschäftigten fördert, beträgt das Sparvolumen nicht selten 500.000 Euro/Jahr.
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Das Erfolgsgeheimnis hierbei ist laut Dr. Jens-Uwe Meyer eine „Aktivierung der Mitarbeiter durch fokussierte Ideenmanagement-Kampagnen: Die Verantwortlichen in den Unternehmen sind stets erstaunt, welche Einsparpotentiale sich zeigen, wenn man die Beschäftigten gezielt und mit System befragt.“ Der Geschäftsführer der Innolytics GmbH ist überzeugt: Bei der Suche nach Einsparpotentialen sind die Mitarbeiter bzw. Teams auf der operativen Ebene Beratern von außen und dem Management überlegen, denn: Sie kennen die Arbeitsabläufe und -prozesse im Detail und „häufig muss man einen Vorgang erst 20, 50 oder gar 100 Mal durchgeführt haben, bevor man die Idee für eine effizientere und kostengünstigere Lösung hat“. Dieser Auffassung ist auch der Organisationsberater Klaus Doll aus Neustadt an der Weinstraße: „Kein Manager ist mit den Arbeitsabläufen so vertraut wie die Mitarbeiter auf der operativen Ebene, die bestimmte Tätigkeiten Tag für Tag verrichten.“

Innolytics hat in den vergangenen zehn Jahren mehr als 100 Ideenkampagnen in Unternehmen organisatorisch begleitet. Dabei kristallisierten sich mehrere Erfolgsfaktoren heraus:

Erfolgsfaktor 1: Direkt auf den Punkt kommen, wenn es ums Sparen geht

In vielen Unternehmen wird Ideenmanagement laut Meyer als eine Art Vorschlagswesen für alles genutzt bzw. „missbraucht“. Deshalb werden oft „Schöner-Wohnen-Ideen“ ohne wirtschaftlichen Wert eingereicht. Für die Unternehmenskultur sind diese zwar förderlich, doch die Einspareffekte bleiben aus.

„Bei den wirklich erfolgreichen Ideenmanagement-Kampagnen wird das Thema Sparen direkt in den Mittelpunkt gestellt“, so Meyer. Zum Beispiel, indem sie eine Überschrift wie „Ausschuss minimieren“ oder „Doppel- und Nacharbeiten vermeiden“ tragen. Zudem werden mit jeweils themenbezogenen Erfolgsbeispielen die Köpfe der Mitarbeiter angeregt. Mit solchen fokussierten Ideenmanagement-Kampagnen können Unternehmen die Zahl der Ideen und deren Qualität – also den durchschnittlichen Wert je Mitarbeiteridee – steigern.

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Erfolgsfaktor 2: Die Mitarbeiter an den Einsparungen beteiligen

Unternehmen, die mit ihrem Ideenmanagement überdurchschnittlich hohe Erfolge erzielen, sind zudem großzügig gegenüber den Ideengebern: Sie schütten 10 bis 20% der erzielten Einsparungen im ersten Jahr direkt an ihre Beschäftigten aus. Das ist für beide Seiten ein gutes Geschäft: Angenommen eine Idee bewirkt 50.000 Euro Einsparungen pro Jahr. Dann erhalten die Beschäftigten einmal 5.000 Euro als Bonus und das Unternehmen profitiert langfristig von den Einsparungen, denn diese Kosten entfallen fortan Jahr für Jahr.

In vielen Unternehmen bestehe diesbezüglich jedoch eine „Geizkragenmentalität“, kritisiert Meyer. Ihrem Top-Führungspersonal bezahlen sie für das Erreichen gewisser Ziele selbstverständlich Boni, bezogen auf die Mitarbeiter auf der „wertschöpfenden Ebene“ besteht dagegen oft die Einstellung: Die kontinuierliche Verbesserung ist ein Teil ihres Alltagsjobs. Diese Diskrepanz nehmen auch die Mitarbeiter wahr. Deshalb engagieren sie sich nicht so sehr für das Sparen, wie sie es könnten; auch weil sie sich, wie der Managementberater Rainer Paszek aus Eglfing in Oberbayern betont, fragen: „Welchen Nutzen habe ich davon?“ Oft lautet ihre Antwort: „Keinen, außer dass meine Arbeit weiter rationalisiert wird und für mich und meine Kollegen eine Oase zum Verschnaufen entfällt.“

Profitieren hingegen auch die Beschäftigten von den Einsparungen ändert sich dies. „Immer wieder machen einzelne Beschäftigte aus dem Ideen-Generieren geradezu ein kleines, individuelles Nebengeschäftsmodell“, berichtet Meyer. Deshalb lautet sein Credo: „Lieber den Beschäftigten eine hohe Provision zahlen als zum Beispiel teure Prozess- oder Qualitätsmanagementberater engagieren.“

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Erfolgsfaktor 3: Regelmäßig neue Kampagnen starten

Einmal ist kein Mal – das gilt auch für ein erfolgreiches Ideenmanagement. An der ersten Ideenmanagement-Kampagne beteiligen sich in der Regel nur die Mitarbeiter, die auch zuvor schon Verbesserungsvorschläge machten. Der einzige Unterschied: Ihre Vorschläge sind durchdachter und reifer, schließlich lockt eine Prämie. Sobald jedoch die ersten Mitarbeiter Prämien erhalten haben, spricht sich dies herum und das bislang noch brachliegende Potential in den Köpfen der Beschäftigten kommt zum Vorschein.

„Plötzlich kommen Einsparvorschläge von Mitarbeitern, von denen deren Vorgesetzte dies nie erwartet hätten“, berichtet Meyer. „Selbst Azubis, die einige Zeit in einer Abteilung hospitieren, machen Vorschläge, wie etwas besser und effizienter erledigt werden könnte.“ Das Motto von Innolytics lautet deshalb: „Beschäftigte sind die besten Unternehmensberater – zumindest, wenn es um das Optimieren des Alltagsgeschäfts geht.“ Anders sieht es aus, wenn sich ein Unternehmen zum Beispiel Corona-bedingt ganz neu aufstellen muss, weil sein Markt zusammenbrach. Dann ist meist externe Unterstützung nötig, betont Organisationsberater Doll. Doch auch dann sollte man interne Experten mit an Bord holen – „unter anderem, weil sie meist einen realistischeren Blick auf die Machbarkeit haben“.

Ideenmanagement ist gerade in Krisenzeiten wichtig

Im Zuge der Covid-19-Pandemie wird oft von der Krise als Chance gesprochen. Hierzu zählt auch, dass die Mitarbeiter sich in Krisen- und Marktumbruchzeiten leichter als sonst motivieren lassen, Einsparpotenziale zu identifizieren und neue Problemlösungen zu entwickeln. Denn in dieser Situation müssen Vorgesetzte keine lange Überzeugungsarbeit leisten, warum ein sparsamer Umgang mit den begrenzten Ressourcen Zeit und Geld wichtig ist.

Inwieweit Unternehmen beim Versuch, ein professionelles Ideenmanagement zu etablieren, auf externe Unterstützung zurückgreifen oder dies aus eigener Kraft probieren, müssen die jeweiligen Verantwortlichen vor Ort entscheiden. Ungeachtet dessen werden die Themen „Verschwendung vermeiden“ sowie „effizienter Umgang mit den vorhandenen Ressourcen an Zeit und Geld“ in den kommenden Monaten in vielen Unternehmen auf der Agenda des Top-Managements ganz oben stehen, betont Rainer Paszek. Und was liegt in Zeiten, in denen die Finanzmittel ohnehin knapp sind, näher, als eine Problemlösung zunächst einmal mit „Bordmitteln“ zu probieren?

(Quelle: Die PRofilberater, Autor: Lukas Leist)

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