Kunststoffe können als alternative Werkstoffe für EMV relevante Gehäuse befähigt werden, so lautet das Resultat aus drei durchgeführten Verbundprojekten am Kunststoff-Institut Lüdenscheid. Durch leitfähige Fasern und Füllstoffverbindungen können intrinsische Schirmdämpfungswerte im Kunststoff bis zu 60-100dB nahe einem Metallgehäuse erreicht werden. Der Vorteil ist die wirtschaftliche Fertigung von Bauteilen und Komponenten im Spritzgießen mit langen Werkzeugstandzeiten ohne zusätzlichen, nachträglichen Beschichtungsprozess. Allerdings liegt die Schwäche des im Spritzgießen hergestellten Bauteils aus Kunststoff in den niedrig leitfähigen Oberflächen. Gegenüber Metallgehäusen sind Verbindungssituation wie beispielsweise die Verbindung von zwei Gehäusehälften oder die Einführung von Leitungen in das Gehäuse EMV technisch kritisch. Im Verbundprojekt EMV 4, welches gemeinsam mit dem EMV-Experten EMC Test NRW GmbH aus Dortmund ab November angeboten wird, soll aus diesen Gründen das am Kunststoff-Institut Lüdenscheid entwickelte Metalldirekteinspritzen Abhilfe schaffen.
Ziel des Projektes, welches im November mit 1,5-jähriger Laufzeit startet, ist die Weiterentwicklung elektrisch leitfähiger Kunststoffe zur effektiven elektromagnetischen Abschirmung (EMV), insbesondere durch innovative Fertigungstechnologien wie das Metalldirekteinspritzen. Seit dem ersten Projektstart im Jahr 2019 haben sich über 40 Unternehmen aus Branchen wie Automotive, Elektrotechnik, Sicherheitstechnik sowie Material- und Füllstoffherstellung beteiligt.
Über 100 Versuchscompounds wurden seither im Hinblick auf ihre EMV-Wirksamkeit in realitätsnahen Gehäusedemonstratoren getestet. Im nun vierten Projektzyklus stehen erneut Werkstoffmodifikationen und Fertigungstechnologien im Fokus. Durch leitfähige Fasern und Füllstoffe konnten bereits Schirmdämpfungswerte von 60 bis 100 dB erreicht werden – vergleichbar mit Metallgehäusen, jedoch mit den Vorteilen der wirtschaftlichen Spritzgießfertigung und ohne zusätzliche Beschichtungsprozesse.
Ein bekanntes Limit leitfähiger Kunststoffe – die unzureichende Oberflächenleitfähigkeit in bestimmten Anwendungsbereichen – adressiert das neue Projekt durch die Integration von Metalldirekteinspritzung. Diese Technologie soll die elektrische Kontaktierung in partiellen Bereichen ermöglichen und so funktionale Verbindungen verbessern. Zusätzlich untersucht das Projekt die Compoundierung von Metall-Kunststoff-Hybriden, bei der niedrig schmelzende Metalle gezielt in die Kunststoffmatrix eingebracht werden, um die elektrische Leitfähigkeit im Material weiter zu erhöhen.
Mit „EMV Abschirmung durch Kunststoffe 4“ wird ein weiteres Kapitel in der Entwicklung von Hochleistungswerkstoffen für EMV-Anwendungen aufgeschlagen. Insbesondere die Integration niedrig schmelzender Metalle sowie die Kombination mit neuartigen Füllstoffen versprechen bedeutende Fortschritte für die kunststoffbasierte EMV-Abschirmung. Interessierte Unternehmen sind eingeladen sich der Projektgruppe anzuschließen.
(Quelle: Kunststoff-Institut Lüdenscheid)
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