Weniger Werkzeugwechsel, höhere Prozesssicherheit und ein klarer Beitrag zur Ressourceneffizienz: Mit dem erfolgreichen Abschluss des Forschungsprojekts StReMa am Lehrstuhl Digital Additive Production (DAP) der RWTH Aachen wurden wichtige Fortschritte in der Entwicklung verschleißfester Werkzeugbeschichtungen erzielt. Möglich wurde dies durch das Extreme Hochgeschwindigkeits-Laserstrahlauftragschweißen, mit dem metallische Schutzschichten besonders schnell und präzise aufgetragen werden. So konnte die Lebensdauer von Stanzwerkzeugen deutlich verlängert werden.
Stanzwerkzeuge kommen überall dort zum Einsatz, wo Löcher, Durchbrüche, Konturen oder Umformungen präzise und wirtschaftlich hergestellt werden müssen – oft im Sekundentakt. Entsprechend hoch sind die Belastungen. Im Projekt StReMa standen Vierkantschneidstempel im Fokus – kleine, besonders stark beanspruchte Werkzeuge für rechteckige Aussparungen. Konventionell aus 1.2379-Werkzeugstahl gefertigt, erreichen sie bei einer durchschnittlichen Belastung von 150 Hüben pro Minute lediglich rund 15.000 Hübe. Sie erreichen ihre Verschleißgrenze damit bereits nach etwa 2 Stunden und müssen nachgeschliffen oder ersetzt werden.
Um diese Schwachstelle zu überwinden, setzte das Projektkonsortium aus Industrie und Wissenschaft auf das Extreme Hochgeschwindigkeits-Laserstrahlauftragschweißen (EHLA), auch High-Speed Directed Energy Deposition (HS-DED) genannt. Mit diesem Verfahren lassen sich neu entwickelte Metall-Matrix-Verbundwerkstoffe (MMCs) als Verschleißschutzschichten auftragen, um damit die Lebensdauer von Werkzeugen deutlich verlängern.
Von rund 15.000 auf 330.500 Hübe
Den Forschenden gelang es, Vierkantschneidstempel mit einer MMC-Beschichtung zu versehen, die auf 1.2888-Werkzeugstahl basiert und mit Titancarbid- (TiC) oder Wolframcarbid-Partikeln (WC) kombiniert wurde. Die MMC-beschichteten Stempel ließen sich über konventionelle Prozessketten weiterverarbeiten. Eine angepasste Wärmebehandlung ermöglichte Härten von über 1000 HV. Auch klassische Nachbearbeitungen wie Drahterodieren und Schleifen waren möglich. Damit wurden die geforderte geometrische Genauigkeit und Oberflächengüte zuverlässig erreicht.
Praxistests in der Serienproduktion bestätigten das Potenzial der neuen Beschichtungen. Im direkten Vergleich zu Vierkantschneidstempeln aus PM-Stahl (CPM 10V) mit TiAlNBeschichtung – einer der derzeit leistungsfähigsten marktüblichen Lösungen mit einer Standzeit von rund 210.000 Hüben – konnten die MMC-beschichteten Stempel überzeugen. Mit TiC erreichten sie rund 164.000 Hübe, mit WC sogar 330.500 Hübe und übertrafen die
beste verfügbare Referenz damit um mehr als 55 %.
In der Praxis bedeutet das: Bei durchschnittlicher Belastung halten TiAlN-beschichtete Stempel rund 23 Stunden durch. MMC-beschichtete Stempel hingegen laufen über zwölf Stunden länger. Das reduziert den Wartungsaufwand und erhöht die Prozesssicherheit deutlich.
Die Technologie wurde nicht nur an Vierkantschneidstempeln erprobt. Auch Beschnittstempel und Bieger konnten mittels EHLA erfolgreich mit MMC-Beschichtungen versehen werden. Damit zeigt sich die Übertragbarkeit auf weitere Werkzeugtypen und Geometrien. Zusätzlich eröffnet das Laserstrahlauftragschweißen (DED-LB) Möglichkeiten zur Reparatur, die Wirtschaftlichkeit und Ressourcenschonung weiter verbessern können.
Weniger Werkzeugwechsel senkt Material- und Energieverbrauch
Neben den technologischen Entwicklungen führte das Projekt auch eine Ökobilanz (Life Cycle Assessment) durch. Sie zeigte eine deutliche Reduktion von Ressourcenverbrauch und CO2-Emissionen gegenüber herkömmlichen Werkzeugherstellungsverfahren, vor allem durch die Reparaturmöglichkeiten. In Simulationen konnte das Global Warming Potential (GWP) im Vergleich zwischen einem TiAlN-beschichteten und einem MMC-beschichtetenStempel um 41,4 % gesenkt werden. Wurden im Szenario bis zu zehn Reparaturen am neuartigen Stempel berücksichtigt, ergab sich sogar eine Einsparung von rund 70 %. Selbst bei Neubeschichtung erwies sich der TiC-Stempel mit geringerer Hubzahl noch als vorteilhaft und reduzierte die CO2-Emissionen um 27,4 %. Weniger Werkzeugwechsel und längere Standzeiten bedeuten weniger Materialeinsatz und Energieverbrauch – ein zentraler Beitrag zu nachhaltigen Produktionsprozessen.
Nächste Schritte: Qualität sichern und Einsatzfelder erweitern
Trotz der Erfolge zeigten die Untersuchungen auch Herausforderungen. Poren und andere Defekte können die Standzeit beeinflussen, vor allem bei größeren Werkzeugen und Flächen. Künftige Arbeiten konzentrieren sich auf die Optimierung der Schweißparameter für das EHLA-Verfahren, die Skalierbarkeit auf größere Bauteile, die Untersuchung weiterer
Pulverwerkstoffe und die Erprobung alternativer Nachbearbeitungsmethoden. Die Wechselwirkungen zwischen Material, Prozessparametern und Beschichtungseigenschaften sollen dabei gezielt erforscht werden. Ziel ist es, die Zuverlässigkeit und Praxistauglichkeit der neuen Werkzeugbeschichtungen weiter zu erhöhen und die Technologie auf andere Branchen – etwa Maschinen- und Werkzeugbau – zu übertragen.
(Quelle: RWTH Aachen - Digital Additive Production DAPn)
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