Forschung
© Fraunhofer FHR/André Froehly
11.03.2023

Automatische Analyse für Produktionsprozess von Rotorblättern

Neuartiges Radarverfahren analysiert Produktionsprozess von Rotorblättern automatisch

Defekte in Faserverbundmaterialien schon während des Produktionsprozesses entdecken – dies gelingt künftig mit Hilfe eines neuartigen Radarverfahrens, das die Kontrolle des Fertigungsprozesses von Faserverbundwerkstoffen wie Rotorblättern von Windkraftanlagen zerstörungsfrei und automatisch ermöglicht. Bislang erfolgte das Monitoring manuell per Sichtprüfung. Das Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR hat das innovative Verfahren zusammen mit den Konsortialpartnern Ruhr-Universität Bochum, Fachhochschule Aachen und der Aeroconcept GmbH im Projekt FiberRadar entwickelt.

Bei der Herstellung von glasfaserverstärkten Strukturbauteilen, wie sie etwa in Rotorblättern vorkommen, wird die Faserstruktur mit einer Harzmatrix fixiert. Unregelmäßigkeiten in der Ausrichtung und/oder im Verlauf der Faserverstärkung verändern die Struktureigenschaften und reduzieren somit die Qualität des entstandenen Verbundwerkstoffs. „Bei der Produktion von Rotorblättern werden Glasfaserlagen übereinander in einer Schale ausgelegt. Erfolgt dies nicht akkurat, kann es zu verschiedenen Defekten wie Wellenbildungen bzw. Ondulation kommen. Aber auch die Richtung der Faser kann sich verdrehen und somit die mechanischen Eigenschaften des Bauteils beeinflussen“, erläutert Projektleiter Dr. André Froehly vom Fraunhofer FHR in Wachtberg. Bislang war eine Untersuchung des Faserverlaufs und der Faserschichtung vor dem Einbringen der Harzmatrix nicht zuverlässig möglich, sodass Fehlstellen erst im Nachgang etwa durch Ultraschalluntersuchung gefunden werden konnten. Dies machte eine kontrollierte Prozesskette unmöglich und führte zu kostenintensiver Nacharbeit oder sogar zum Verschrotten von Bauteilen.

Radarbilder eines Faserlagenpakets mit nicht erkennbarer Ondulation unter der Oberfläche. Hier ist die Kopolarisation zu sehen. - © Fraunhofer FHR/André Froehly
Radarbilder eines Faserlagenpakets mit nicht erkennbarer Ondulation unter der Oberfläche. Hier ist die Kopolarisation zu sehen. © Fraunhofer FHR/André Froehly
Großes Potenzial für die Produktion von Verbundwerkstoffen

Im Projekt FiberRadar haben die Forschenden nun ein Verfahren entwickelt, mit dem sich erstmalig auch die Ausrichtung der unteren Glasfaserschichten überprüfen lässt – zerstörungsfrei und automatisiert. Möglich macht es ein Millimeterwellen-Scansystem, bestehend aus einem Roboter, einem voll-polarimetrischen Radar und zugehöriger Bildgebungssoftware. Dieses nutzt auch die Polarisation (der Begriff kennzeichnet in der Antennentechnik die Richtung der elektrischen Feldkomponente einer elektromagnetischen Welle) der elektromagnetischen Wellen, das heißt, es kann mögliche Defekte auch durch Änderung der Polarisationsrichtung erkennen. Der Roboter scannt das Bauteil, das Radar übernimmt die Messungen, die anschließend von der Software zu einem 3D-Bild zusammengesetzt werden. Das Besondere: Während übliche Radare nur über einen Kanal verfügen und somit eine Polarisation zum Senden als auch zum Empfangen nutzen, schickt das neue Radar Signale in zwei Polarisationen aus – auch empfangen wird in zwei Polarisationen. Damit lassen sich nicht nur Faserstrukturen hochauflösend darstellen, sondern auch Defekte in tieferen Schichten einfach offenlegen. Zusätzlich verbessert die Brechungskompensation die Bildqualität: Sie rechnet Effekte heraus, die durch die Brechung vor allem in tieferen Schichten problematisch sein können. Indem die Forscherinnen und Forscher mit dem Radar die einzelnen Schichten abbilden, können sie auch Abweichungen in der Faserorientierung entdecken und das gesamte Volumen des Materials zerstörungsfrei überprüfen.

Radarbilder eines Faserlagenpakets mit nicht erkennbarer Ondulation unter der Oberfläche. Hier ist die Kreuzpolarisation zu sehen. - © Fraunhofer FHR/André Froehly
Radarbilder eines Faserlagenpakets mit nicht erkennbarer Ondulation unter der Oberfläche. Hier ist die Kreuzpolarisation zu sehen. © Fraunhofer FHR/André Froehly

Im Projekt FiberRadar wurde die integrierte Radartechnologie der Ruhr-Universität, die Algorithmenexpertise des Fraunhofer FHR und die Robotikkompetenz der FH Aachen genutzt, um ein Messsystem zu realisieren, das die Fertigung von Faserverbundwerkstoffen und Kontrolle der gefertigten Bauteile in bis dato unerreichbarer Präzision ermöglicht. Durch die Erfahrung der Aeroconcept GmbH kann die Technologie damit direkt in den Fertigungs- und Monitoringprozess im Bereich der Windradblattherstellung integriert und eine Schlüsseltechnologie für qualitativ hochwertige Verbundwerkstoffe etabliert werden. „Wir freuen uns sehr über die vielversprechenden Ergebnisse zum Abschluss des Projekts FiberRadar. Wir planen, in Folgeprojekten das System in Richtung Produktreife weiterzuentwickeln, um es im Produktionsprozess einzusetzen. Hier möchten wir neben der Geschwindigkeit auch die Tiefenauflösung verbessern, um in kürzerer Zeit noch mehr mögliche Defekte zu erkennen“, so Froehly zu den nächsten Schritten. Das Projekt wurde aus den Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.

(Quelle: Presseinformation der Fraunhofer-Gesellschaft)

Schlagworte

FaserverbundmaterialienFaserverbundwerkstoffeFertigungsanlagenProduktionQualitätssicherungRadarsystemeRotorblätter

Verwandte Artikel

02.12.2025

Thermografieprüfung für die Qualitätssicherung von Karosserien

Für die Qualitätskontrolle von mittels Widerstandspunktschweißen verbundenen Blechen konnte ein Indu-Scan-Prüfstand umgebaut und modernisiert werden.

Automobilbau Elektroautos Fügeverfahren Karosserie Punktschweißen Qualitätssicherung Robotik Schweißen Thermografie Widerstandspunktschweißen
Mehr erfahren
28.11.2025

CO2-Fußabdruck von Klebstoffen wird ausgewiesen

Delo ermittelt den CO₂-Fußabdruck seiner Klebstoffe und ermöglicht Anwendern damit, den CO₂-Ausstoß ihrer eigenen Produkte präziser bestimmen zu können.

CO2 CO2-Ausstoß CO2-Bilanz Emissionen Fertigungsprozesse Fußabdruck Klebstoffe Lieferketten Produktion
Mehr erfahren
27.11.2025

Fachtagung Oberbauschweißtechnik

Mit den zweijährlich stattfindenden Fachtagungen Oberbauschweißtechnik bietet die SLV Hannover gemeinsam mit der PlusPol Akademie und dem VDEI eine zentrale Plattform für...

Ausbildung Modernisierung Oberbauschweißtechnik Qualitätssicherung Regelwerke Schienen Schweißen Schweißtechnik Verfahren
Mehr erfahren
23.11.2025

Modulare Automatisierungskonzepte für die zerstörende Werkstoffprüfung

Wie lassen sich steigende Prüfaufkommen in der industriellen Qualitätssicherung effizient bewältigen, ohne Kompromisse bei Präzision und Reproduzierbarkeit einzugehen?

Automatisierung Qualitätssicherung Roboter Werkstoffprüfung Zerstörende Prüfung
Mehr erfahren
17.11.2025

Rückblick 35. Schweißtechnische Tagung

Zwei Tage lang wurde auf der 35. Schweißtechnische Tagung in Halle diskutiert, ausprobiert und vernetzt. Die Veranstaltung war geprägt vom gemeinsamen Willen, Wissen zu t...

Arbeitssicherheit Automatisierung Forschung Innovationskraft Qualitätssicherung Schweißen Schweißtechnik Stahlbau Tagung Technologien Umweltschutz
Mehr erfahren