Forschung Technologien
Roboterforschungszelle mit Optikwechselsystem beim Draht-Laserauftragschweißen am Fraunhofer ILT. - © Fraunhofer ILT, Aachen
15.06.2020

Ein Meilenstein der modernen Fertigung

Ein Meilenstein der modernen Fertigung

Ziel des Projekts ProLMD ist die industrielle Umsetzung von hybriden Fertigungsverfahren mittels Lasertechnologie. KUKA ist ein zentraler Akteur.

Viele Unternehmen stecken in einem Dilemma: Während der zunehmende Wettbewerbsdruck und die kürzer werdenden Pro-duktlebenszyklen eine effiziente und schnelle Fertigung erfordern, steigt die Nachfrage nach immer komplexeren Produkten und individuelleren Bauteilen. Mit traditionellen Produktionsverfahren stoßen die Unternehmen oftmals an Grenzen. Eine Lösung stellt die Kombination von konventionellen und additiven Fertigungsverfahren dar. Die Herausforderung: Die dafür nötigen Anlagen sind teuer, die Verfahren aufwändig und in der Anwendung gerade bei großen Komponenten oder Hochleistungsbauteilen teilweise begrenzt. Das soll sich ändern.

Im Rahmen des durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts ProLMD arbeitet KUKA mit dem Fraunhofer-Institut für Lasertechnik (ILT) und weiteren industriellen Partnern an effizienten und robusten Prozessen, um ein hybrides LMD-Verfahren in die Fertigungskette zu integrieren. Zum Einsatz kommt das Verfahren Laser Metal Deposition (LMD), in der Öffentlichkeit meist als „3D-Druck“ bezeichnet. Die Basis für die dafür nötige Anlage bilden KUKA-Industrieroboter mit spezieller Sensorik zur Geometrieerfassung und angepassten Softwarepaketen.

Additive Fertigung: äußerst flexibel und ressourcenschonend

Konventionelle, subtraktive Technologien sind noch der Standard in vielen Fertigungshallen. Komplex geformte Schmiede- und Gussbauteile müssen dabei oft aufwändig bearbeitet werden. Bei der Fertigung von Hochleistungs- und Leichtbauteilen im Flugzeugbau etwa werden noch immer bis zu 90 Prozent des Rohmaterials abgetragen. Im Gegensatz dazu werden bei additiven Verfahren die Bauteile schichtweise aufgebaut. Dabei werden nicht nur Ressourcen gespart und Produktionsabfälle vermieden, die Herstellung ist zudem äußerst flexibel. „Die Grenzen der Bearbeitung, werden nur durch die gewählten Roboterkinematiken gesetzt“, sagt Günter Neumann, Head of KUKA Business Unit Laser Applications vom KUKA Standort in Aachen.

Dank der Nutzung eines fasergeführten Systems kann der Roboter nahezu uneingeschränkt arbeiten und auch komplexe Geometrien realisieren. - © KUKA
Dank der Nutzung eines fasergeführten Systems kann der Roboter nahezu uneingeschränkt arbeiten und auch komplexe Geometrien realisieren. © KUKA
Hybride Methoden als praktische Alternative

Praktische Alternativen zu den herkömmlichen Verfahren sind hybride Fertigungsmethoden. Dabei werden einfach geformte Rohteile konventionell hergestellt, z. B. durch Schmieden oder Gießen, zusätzliche Geometrien aber additiv aufgetragen und die Bauteile so individualisiert – im Rahmen des Projekts ProLMD etwa mittels Laserauftragschweißen. Der Vorteil von LMD im Vergleich zu anderen additiven Techniken ist die hohe Aufbaurate. So lassen sich beispielsweise lokal verstärkte Strukturbauteile für Flugzeuge oder hochfunktionelle Komponenten für Turbinen effizient fertigen oder Instand setzen. Bislang verhindern jedoch häufig die hohen Kosten und die anspruchsvollen Bearbeitungsbedingungen eine umfassende Nutzung dieser Technologie. Weil empfindliche Materialien beim Laserauftragschweißen unter Schutzgas vor Oxidation geschützt werden müssen und sich daher meist die komplette Anlage in einer Schutzgasatmosphäre befindet, sind der Größe der zu bearbeitenden Bauteile Grenzen gesetzt.

Prozess- und Systemtechnik basierend auf KUKA Technologie

Ziel des Projekts ProLMD ist es, für die Anwendung der LMD-Technik bei der Herstellung großer Bauteile eine robuste und effiziente Prozess- und Systemtechnik zu entwickeln. Dieses System soll modernsten Produktionstechniken und hohen Sicherheitsanforderungen in sensiblen Bereichen wie der Luft- und Raumfahrt genügen. „Letztlich soll das Verfahren in den gesamten Herstellungsprozess – vom Design bis zur Endbearbeitung – integriert werden“, sagt Günter Neumann.

Kostenvorteile bietet dabei die auf KUKA-Robotern basierende standardisierte Systemtechnik. Dank der Nutzung eines fasergeführten Systems, bleibt der Roboter nahezu uneingeschränkt in seinem Arbeitsbereich. So ist es möglich, flexibel auf Bauteilgeometrie und -größe einzugehen – auch bei kleinen Losgrößen. Durch die Entwicklung eines lokal mitgeführten Schutzgassystems, das nur dort angewendet wird, wo es notwendig ist, ergeben sich weitere Vorteile. Das entwickelte System wird durch neue Laserbearbeitungsköpfe, die sowohl mit Draht als auch mit Pulver als Zusatzwerkstoffe arbeiten, sowie ein für hybride Fertigung geeignetes rechnerunterstütztes System (CAM-System) ergänzt. Im Rahmen von ProLMD werden für die Entwicklung hocheffizienter Laserauftragschweiß-Prozesse mehrere Zusatzwerkstoffe erforscht. Es wird untersucht, wie die Belastbarkeit und Qualität der daraus entstandenen Bauteile sind.

Roboterforschungszelle mit Optikwechselsystem beim Draht-Laserauftragschweißen am Fraunhofer ILT. - © Fraunhofer ILT, Aachen
Roboterforschungszelle mit Optikwechselsystem beim Draht-Laserauftragschweißen am Fraunhofer ILT. © Fraunhofer ILT, Aachen
Die Vorteile: kürzere Fertigungszeit, niedrigere Kosten

Die Ergebnisse von ProLMD sollen schon in den kommenden Jahren in die Fertigung der beteiligten Projektpartner MTU, Airbus und Daimler einfließen. Die Erwartungen sind hoch – auch bei den anderen Beteiligten wie BCT Steuerungs- und DV-Systeme, Laserline und M.Braun Inertgas-Systeme.

„Wir gehen von einem Meilenstein bei der industriellen Umsetzung des Verfahrens der hybriden Fertigung aus“, sagt Lars Ott, Projektleiter ProLMD bei KUKA. Die Experten gehen davon aus, die Fertigungszeit durch diese Technologie um 50 Prozent zu reduzieren und Kosten um 20 bis 30 Prozent zu senken. Zudem kann durch die Implementierung ein nachhaltiger Beitrag zur Ressourceneffizienz in der Fertigung geleistet werden. „LMD-Fertigungsverfahren sind aus diesem Grund nicht nur für Luft- und Raumfahrt oder die Automobilindustrie, sondern für viele weitere Branchen interessant“, sagt Jan Bremer vom Fraunhofer-Institut. So etwa für die Energieerzeugung und den klein- und mittelständisch geprägten Werkzeugbau.

Produktionslinie für additives LMD bereits in Betrieb

Auch KUKA sieht großes Potenzial im Bereich der additiven Fertigung. Entscheidend für den Erfolg sei die Verknüpfung der dafür erforderlichen Komponenten zu einer funktionalen Einheit, so Projektleiter Lars Ott. KUKA profitiert dabei von der langjährigen Erfahrung, insbesondere der Experten aus Aachen, im Bereich der roboterbasierten Lasertechnologie. Für das Projekt hat KUKA zwei identische Produktionslinien für das additive LMD-Verfahren konzipiert und umgesetzt, die in den eigenen Hallen am Standort Würselen bei Aachen sowie im nahe gelegenen Fraunhofer-Institut bereits im Einsatz sind.

„Langfristig wollen wir das Verfahren für die Serienfertigung ertüchtigen“, erklärt KUKA Experte Günter Neumann. Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut.

(Quelle: Presseinformation der KUKA AG)

Schlagworte

3D-DruckAutomatisierungAutomobilindustrieFlugzeugbauHybride FertigungsverfahrenLaser Metal DepositionLaserauftragschweißenLuftfahrzeugbauRaumfahrzeugbauTurbinenbau

Verwandte Artikel

Teamsprechende: (v.l.n.r. Ulrich Berners, Dr. Alexander Olowinsky, Dr. Peter Leibinger, Dr. Markus Kogel-Hollacher, Dr. Jan-Philipp Weberpals, Edwin Büchter, Gwenn Pallier, Prof. Constantin Häfner, Kristina zur Mühlen).
25.04.2024

Innovationen aus der Lasertechnik für die Industrie

Verleihung des Innovation Award Laser Technology 2024 in Aachen: Preistragender des mit 10.000 Euro dotierten Innovation Award Laser Technology 2024 ist Herr Edwin Büchte...

Automobilindustrie Batterieproduktion Laserbearbeitung Laserstrahl-Remote-Schweißverfahren Laserstrahlschweißen Lasertechnik Lasertechnologien Metallschrott Oberflächenreinigung Strahlformung
Mehr erfahren
Hauptsitz von Blackbird in Garching-Hochbrück (Großraum München).
19.04.2024

Laserschweißexperte stärkt Vertriebspower

Die Blackbird Robotersysteme GmbH schafft einen neuen Bereich zur Geschäftsfeldentwicklung. Benjamin Bopp die Leitung des Vertriebs übernommem, der bisherige Vertriebslei...

Automobilindustrie Elektromobilität Laserschweißen Laserstrahlschweißen Lasertechnologien Remote-Laserschweißen Remote-Laserstrahlschweißen Vertrieb
Mehr erfahren
15.04.2024

Großauftrag für KUKA: Mehr als 700 Roboter für Volkswagen in Spanien

KUKA und Volkswagen haben eine Rahmenvereinbarung über die Lieferung von mehr als 700 Robotern in diesem und den kommenden beiden Jahren geschlossen.

Automation Automobilindustrie Karosseriebau Robotik
Mehr erfahren
11.04.2024

Verfügbarkeit von Kupfer langfristig gesichert

Für alle Anwender von Kupferwerkstoffen gibt es jetzt eine gute Nachricht: Die weltweiten Kupferreserven sind laut Angaben des United States Geological Survey (USGS) von...

Automobilindustrie Kupfer Kupferindustrie Kupferwerkstoffe Maschinenbau Wirtschaftsstandort Deutschland
Mehr erfahren
09.04.2024

Produktion im Produzierenden Gewerbe 02/2024

Die Produktion im Produzierenden Gewerbe wurde nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Februar gegenüber dem Vormonat preis-, kalender- und saisonbereinigt um 2,1 %...

Automobilindustrie Chemieindustrie Elektrische Ausrüstungen Maschinenbau Wirtschaft
Mehr erfahren