Management
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21.03.2021

Hybrid Working erfordert neue Führungskultur

Hybrid Working erfordert neue Führungskultur

Arbeitgeber auf der ganzen Welt sehen sich gegenwärtig mit einem gewaltigen Umbruch in der Arbeitsorganisation konfrontiert. Spätestens seit der Corona-Pandemie und deren Auswirkungen sind sie zu einem Spagat zwischen Remote Work bzw. Homeoffice und der Büropräsenz ihrer Mitarbeiter gezwungen. Um sich bei diesem Spagat nicht die Beine zu brechen, müssen sie einen Weg finden, wie sie mit Remote Work generell umgehen und wie sie das hybride Arbeitsmodell von morgen vorbereiten und optimieren können. Sie müssen ein Gleichgewicht zwischen Remote-Mitarbeitern und denjenigen finden, die aufgrund ihrer Aufgaben oder persönlicher Umstände nicht remote arbeiten können oder wollen. Reinhard F. Leiter, Executive Coach aus München, erläutert, wie sich eine neue Führungskultur im Unternehmen etablieren lässt.

Es geht um Verantwortung, Commitment und Vertrauen

Hybrid Work ist der Schlüssel für eine flexiblere Zukunft der Arbeitsorganisation, die den Mitarbeitern mehr Freiheit und Autonomie, wann und wo sie arbeiten wollen, zugesteht. Hybride Arbeitsmodelle ermöglichen es Unternehmen aber auch, Talente vollkommen ortsunabhängig leichter anzuwerben, Innovationen zu fördern und einen Mehrwert für alle Beteiligten zu schaffen. Verlangt ist nicht nur eine mutige Definition zukünftiger Arbeit, die flexibler, digitaler und zielgerichteter ist, sondern auch eine Neu-Definition der Fähigkeiten der Mitarbeiter, die den veränderten Anforderungen an die Arbeitsorganisation gerecht wird. Es geht um (Selbst-) Verantwortung, Commitment und Vertrauen.

Sehen wir den Realitäten ins Auge: Wir leiden seit langem unter dem Übel organisierter Unverantwortlichkeit. Während wir in den vergangenen fetten 50 Jahren vor allem damit beschäftigt waren, die Prozesse in allen Unternehmensteilen ständig in Richtung Rendite zu optimieren, haben wir weniger darauf geachtet, den wichtigsten Sinn und Zweck jeder Unternehmung, den Menschen dahinter, als Quelle und Ziel allen Handelns zu sehen und zu entwickeln. Er wurde zur „Human Ressource“, zum menschlichen Mittel zum Zweck. Dabei werden die Verantwortlichkeiten klar getrennt zwischen Führungskräften als Entscheider und Mitarbeitern als Ausführenden.

Reinhard F. Leiter ist zertifizierter Coach in München für Unternehmer und Senior Leaders. - © Reinhard F. Leiter
Reinhard F. Leiter ist zertifizierter Coach in München für Unternehmer und Senior Leaders. © Reinhard F. Leiter
Überkommenes Führungsmodell der organisierten Unverantwortlichkeit

Mit diesem überkommenen Führungsmodell der organisierten Unverantwortlichkeit berauben wir uns der wichtigsten Quelle unternehmerischer Freiheit und Kunst: Der Selbst- oder Eigenverantwortung vieler Mitarbeiter und ihrer intellektuellen Qualitäten. Wir lassen sie einfach brach liegen. Die Mitarbeiter haben durch jahrelange Entmündigung verlernt, Verantwortung für sich und ihre Leistung zu übernehmen. Das ist kein Wunder, wenn man das innerbetriebliche Gerangel um Zuständigkeit, Verantwortung, Schuldzuweisung und Rechtfertigung betrachtet. Während die primäre Grundbedeutung von Verantwortung – definiert als Zuständigkeit für Aufgaben und Funktionen – Entfaltungs- und Bewährungschancen eröffnet, enthüllt die sekundäre Grundbedeutung – die Rechenschaftsverantwortung mit ihrem implizierten Anklagecharakter – deren die dunkle Seite.

Menschen können nicht verantwortlich handeln, wenn sich Führung von oben nach unten als Weisungs- und Problemlösungshierarchie aufbaut. Es gibt kaum demotivierendere Praktiken in der Chef-Mitarbeiter-Beziehung. Ein Mitarbeiter muss spüren, dass ihm vertraut wird. Denn Vertrauen ist ein wechselseitiger Prozess. Das Motto „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ ist also Gift für die Schaffung eines Rahmens, in dem sich Selbstverantwortung entfalten kann. Die alltagspraktische Bedeutung von Selbstverantwortung bezeichnet schlicht die Bereitschaft, auch dort Zuständigkeiten wahrzunehmen, wo sie nicht vorher in einer klar abgegrenzten Aufgabenverantwortung normiert sind.

Mitarbeiter wissen, was zu tun ist

Aufgaben können delegiert werden, Verantwortung jedoch nicht. Selbstverantwortung meint die Bereitschaft, Handlungsspielräume im Licht von Gefahren und Chancen eigenaktiv auszufüllen. Es ist eine Einstellung, die nicht übertragbar ist. Aber jeder Mitarbeiter muss für seine Leistung Verantwortung übernehmen. Er muss auch entscheiden, wie dieser Job am besten zu machen ist und welche Hilfsmittel er braucht. Er muss verstehen lernen, Entscheidungen selbst zu treffen und dann mit den Konsequenzen zu leben. Grundsätzlich wissen die meisten Mitarbeiter, was zu tun ist. Führung kann also nur heißen: den Mitarbeitern die Wahl nicht abnehmen. Die Mitarbeiter ihre eigenen Antworten finden lassen. Führung ist dafür verantwortlich, einen Rahmen zu gestalten, der jeden Mitarbeiter ermutigt und befähigt, Verantwortung für seine Leistung zu übernehmen. Das bedeutet unter anderem ein so vollständiges Informationssystem, dass die Mitarbeiter über alle relevanten Daten verfügen, die zu einer substanziellen Entscheidung notwendig sind.

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Mit dem Begriff Selbstverantwortung eng verbunden ist der Begriff Commitment, der inhaltlich zwar weitgehend deckungsgleich mit Selbstverantwortung ist, in vielen Unternehmen aber nur noch eine leere Worthülse ist. Dabei bekommt Commitment auf der Bewusstseinsebene noch die Bedeutung von Versprechen oder Verpflichtung. Dieses Verständnis von Commitment umfasst die Begriffe Autonomie, Engagement, Kreativität sowie das Versprechen „Ich tu es!“ Commitment umschließt mithin die Selbst-Verantwortung auf der Handlungsebene und die Selbst-Verpflichtung auf der Bewusstseinsebene. Verantwortung wird nicht als Last, sondern als Lust empfunden.  

Selbstverantwortung als lebensspendender Brunnen

Aber wie kann der Wüste der organisierten Unverantwortlichkeit in den Unternehmen die Oase der Selbstverantwortung entgegengestellt werden? Selbstverantwortung ist der lebensspendende Brunnen, der uns befähigt, in der Wüste zu leben, ohne uns mit ihr zu versöhnen. Wer darauf verzichtet, diese Oasen mit Leben zu erfüllen, wer vor der eigenen Verantwortung in die passive Verdrossenheit flieht, trägt dazu bei, dass auch die eigene Oase verwüstet wird. Was ist also der Kern der Selbstverantwortung? Die Antwort lautet: Wählen und Wollen.  

Wählen

Jeder hat seine berufliche Situation, so wie sie jetzt ist, gewählt und muss mit den Konsequenzen leben. Aber jeder kann seine Wahl wieder rückgängig machen. Wer bewusst wählt, übernimmt Verantwortung, und wer Verantwortung übernimmt, übernimmt die Regie für sein Leben.   

Wollen

Mitarbeiter, die als „committed“ bezeichnet werden können, strahlen Energie, Konzentration und Entschiedenheit aus. Commitment-Energie zeigt sich in der Art und Weise, wie Menschen etwas tun, und wie sie Initiative übernehmen, um etwas zu ändern. Reagiert die normative Kraft des Faktischen, müssen wir uns entscheiden, ob wir damit leben können oder besser gehen sollten. Und man kann immer gehen, man muss es nur wollen!

Wenn man das Unternehmen aber partout nicht verlassen will, dann muss man seine innere Einstellung ändern. Man kann vielleicht nicht den Wind bestimmen, aber sehr wohl die Segel richten. Aber letztendlich steht jeder vor der Entscheidung: Love it, leave it or change it. Liebe ist ebenso nicht zu entbinden vom Willen, denn wer wirklich liebt, der will es auch. Letztendlich kommt es darauf an, den Denkrahmen in den Unternehmen so zu verändern, dass Selbstverantwortung ermutigt wird.

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Wir müssen wollen, was wir tun

Was Unternehmen also brauchen, ist ein Bewusstseinsrahmen, in dessen Mittelpunkt die Eigeninitiative steht. Voraussetzung für Exzellenz ist die Freude am Tun. Commitment im Beruf heißt dann: Ich kann, weil ich weiß, was ich will. Die Arbeit wird nicht nur getan, sie ist auch gewollt. Wir müssen wollen, was wir tun. Und Führungskräfte sind dafür verantwortlich, einen Rahmen zu schaffen, der dem Mitarbeiter hilft, sich selbst zu verpflichten, eigeninitiativ zu werden, Commitment für seine Leistung zu geben.

Die Konsequenzen des vorherrschenden Vorbild-Postulats der Unternehmen sind schlicht katastrophal. Denn diese Denkfigur beruht auf dem kategorialen Irrtum, dass Vorbilder für das Erreichen der Unternehmensziele nützlich seien. Vorbilder produzieren nur Verantwortungslosigkeit, weil jeder Mitarbeiter dem Vorbild nacheifert. Führungskräfte sollten stattdessen das Vorbild in jedem Einzelnen ermutigen. Jeder Mitarbeiter stellt eine einzigartige Persönlichkeit dar und darf beanspruchen, in seiner Einzigartigkeit respektiert zu werden. Vorbild und Selbstverantwortung sind einander entgegengesetzte Begriffe. Der vorherrschende Denkrahmen muss verändert werden: Weg vom Vorbild und hin zu einem Führungsverständnis, in dem Selbstverantwortung die zentrale Denkfigur ist.

Vertrauen schafft Erwartbarkeit

Wenn die Beziehung zum Chef stimmt, sind die Mitarbeiter aller Erfahrung nach bereit, auch mit Widrigkeiten im Unternehmen zu leben. Um die Führungsaufgabe also erfüllen zu können, braucht die Führungskraft eine vitale Beziehung zum Mitarbeiter. Und jede Beziehung beginnt mit Vertrauen. Vertrauen schafft Sicherheit und Erwartbarkeit. Es gehört Mut dazu, den Mitarbeitern die Autorität zu lassen, ihren Job so zu machen, wie sie ihn machen wollen. Aber es lohnt sich.

(Quelle: Presseinformation Reinhard F. Leiter, Coaching Executives – Executive Events)

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