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© pixabay.com/Markus Spiske
14.10.2022

Energiesparen ist jetzt Pflicht: Unternehmen müssen handeln

Energiesparen ist jetzt Pflicht: Unternehmen müssen handeln

Vor dem Hintergrund der angespannten Energieversorgungslage wurden zwei Verordnungen  zum kurz- und mittelfristigen Energiesparen beschlossen. Sie basieren auf dem  Energiesicherungsgesetz (§ 30 EnSiG) und sollen einen Beitrag zur sicheren Energieversorgung  leisten. Neben der Einsparung von Gas wurden auch Maßnahmen festgelegt, die den Stromverbrauch  senken sollen. Die festgelegten Maßnahmen zielen vor allem auf Unternehmen, öffentliche Gebäude und private Haushalte ab. Verantwortliche müssen die neuen Forderungen identifizieren und  wirksam umsetzen. Sie können dabei die Chance nutzen, ihren Energieverbrauch zu senken und  sich auf den Weg zur Klimaneutralität machen. Der folgende Beitrag beleuchtet die Forderungen  an Unternehmen und öffentliche Einrichtungen.

Neue Pflichten für Unternehmen und öffentliche Einrichtungen

Die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen (EnSikuMaV) gilt seit dem 1.9.2022 und hat eine Geltungsdauer von sechs Monaten. Die zweite Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen  (EnSimiMaV) trat am 1.10.2022 in Kraft und gilt 24 Monate.

Kurzfristige Maßnahmen nach EnSikuMaV (voraussichtlich bis 28.02.2023)

Für Arbeitsräume in Arbeitsstätten gelten grundsätzlich die Regelungen der ASR A3.5 Raumtemperatur. Die neue Verordnung legt für Unternehmen nun zeitlich befristet  neue Mindestwerte fest, die sich überwiegend um 1 Grad Celsius von den bisherigen Werten  unterscheiden. Die Lufttemperaturen können – müssen jedoch nicht – auf die neuen Werte  abgesenkt werden.

Für Arbeitsräume in öffentlichen Gebäuden gelten dagegen Höchstwerte: Büros dürfen nur noch auf maximal 19 Grad Celsius geheizt werden. Eine entsprechende Absenkung der Lufttemperatur gilt  auch für andere Arbeitsräume in öffentlichen Nichtwohngebäuden (siehe Tabelle 1).

Hinweis:

1 Grad Celsius weniger Raumtemperatur senkt den Heizenergieverbrauch um etwa 6 Prozent (Quelle: Stiftung Warentest).

Art der Tätigkeit Mindest- bzw. maximale Lufttemperatur in Grad Celsius nach EnSikuMaV Mindest-Lufttemperatur in Grad Celsius nach ASR A3.5
  • körperlich leichte und überwiegend sitzende Tätigkeit
  • Bildschirmarbeit
19° Celsius 20° Celsius
  • körperlich leichte Tätigkeit überwiegend im Stehen oder Gehen
  • mittelschwere und überwiegend sitzende Tätigkeit
  • Tätigkeiten mit mittelschwerer Hand- oder Beinarbeit
18° Celsius 19° Celsius
  • mittelschwere Tätigkeit überwiegend im Stehen oder Gehen
16° Celsius 17° Celsius
  • körperlich schwere Tätigkeit
12° Celsius 12° Celsius

Tabelle 1: Mindest- bzw. Höchstwerte für Lufttemperaturen in Arbeitsräumen in Abhängigkeit von der Tätigkeit nach EnSikuMaV und ASR A3.5

© pixabay.com/Gerd Altmann
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In beheizten Geschäftsräumen des Einzelhandels dürfen Ladentüren und Eingangssysteme, bei deren Öffnung ein Verlust von Heizwärme auftritt, nicht dauerhaft offengehalten werden  mit folgender Ausnahme: Das Offenhalten ist für die Funktion des Ein- oder Ausgangs als Fluchtweg  erforderlich.

Beleuchtete oder lichtemittierende Werbeanlagen auf oder an Hotels oder Geschäften wie zum Beispiel Leuchtschilder dürfen von 22 Uhr bis 16 Uhr des Folgetages grundsätzlich nicht betrieben  werden. Ausnahmen gelten unter anderem, wenn die Beleuchtung der Verkehrssicherheit dient oder zur Abwehr  anderer Gefahren erforderlich ist und nicht kurzfristig durch andere Maßnahmen ersetzt werden kann,  beispielsweise Werbeträger an Wartehallen, Haltepunkten oder Bahnunterführungen. Auch für Schaufenster  gilt diese Forderung nicht.

Räume in öffentlichen Gebäuden, in denen man sich nicht regelmäßig aufhält, dürfen grundsätzlich nicht mehr beheizt werden, dazu zählen beispielsweise Flure, große Hallen, Foyers und Technikräume. Unter anderem für medizinische Einrichtungen, Einrichtungen der Behindertenhilfe, Pflegeeinrichtungen, Schulen oder Kitas gilt diese Regel nicht. Ausnahmen gelten auch, wenn technische oder sicherheitstechnische Gründe
dagegensprechen.

In öffentlichen Gebäuden müssen dezentrale Trinkwassererwärmungsanlagen (wie zum Beispiel Durchlauferhitzer) grundsätzlich ausgeschaltet werden, wenn sie überwiegend zum Händewaschen vorgesehen sind. Ausnahmen gelten auch hier unter anderem dann, wenn hygienische Vorschriften  dem entgegenstehen. Ausgenommen sind erneut medizinische Einrichtungen, Einrichtungen der Behindertenhilfe,  Pflegeeinrichtungen, Schulen oder Kitas. Bei zentralen Trinkwassererwärmungsanlagen muss die Temperatur reduziert werden und zwar so, dass die Bildung von Legionellen vermieden wird, laut Empfehlungen des Umweltbundesamtes also auf Temperaturen zwischen 55 und 60 Grad Celsius.

© pixabay.com/Tom
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Mittelfristige Maßnahmen nach EnSimiMaV (voraussichtlich bis 30.9.2024)

Unternehmen mit einem Gesamtenergieverbrauch von mehr als 10 Gigawattstunden pro Jahr  (Durchschnittswert der letzten drei Jahre) sind in der Pflicht, die in den Energieaudits nach EDL-G, Energie- oder Umweltmanagementsystemen konkreten identifizierten und als wirtschaftlich durchführbar bewerteten Maßnahmen umzusetzen, um die Energieeffizienz in ihrem Unternehmen unverzüglich zu verbessern, zum Beispiel durch Einsatz von LED, Optimierung von Arbeitsabläufen und Ähnlichem. Diese Maßnahmen müssen spätestens innerhalb von 18 Monaten umgesetzt werden.

Wärmeerzeugungsanlagen sollen regelmäßig optimiert werden durch

  • Absenkung der Vorlauftemperatur oder Optimierung der Heizkurve bei groben Fehleinstellungen
  • Aktivierung der Nachtabsenkung, Nachtabschaltung oder andere, zum Nutzungsprofil sowie zu der Umgebungstemperatur passende Absenkungen oder Abschaltungen der Heizungsanlage undInformation des Betreibers dazu, insbesondere zu Sommerabschaltung, Urlaubsabsenkungen, Anwesenheitssteuerungen
  • Optimierung des Zirkulationsbetriebs unter Berücksichtigung geltender Regelungen zum Gesundheitsschutz
  • Absenkung der Warmwassertemperaturen unter Berücksichtigung geltender Regelungen zum Gesundheitsschutz
  • Absenkung der Heizgrenztemperatur, um die Heizperiode und -tage zu verringern
  • Information des Gebäudeeigentümers oder Nutzers über weitergehende Einsparmaßnahmen
  • Ergebnisse dokumentieren.

Gaszentralheizungssysteme in Nichtwohngebäuden (im Anwendungsbereich des Gebäudeenergiegesetzes), also Firmen- und öffentliche Gebäude, ab 1.000 Quadratmeter beheizter Fläche müssen bis zum 30.09.2023 hydraulisch abgeglichen und die Ergebnisse dokumentiert werden.

Umsetzung im Unternehmen: Management und Transformation

Die Analyse des Energieverbrauchs ist für Unternehmen der erste Schritt zum Energiesparen. Im Rahmen eines Energie- oder Umweltmanagementsystems können erforderliche Maßnahmen – auch auf Grundlage der beiden neuen Verordnungen – abgeleitet und systematisch umgesetzt werden. Unternehmen, die bereits Energieaudits nach dem Gesetz über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen (EDL-G), Energie- oder Umweltmanagementsystemen durchgeführt haben, sollten festgelegte Maßnahmen an die neuen Forderungen anpassen, neu priorisieren und zügig umsetzen.

© pixabay.com/Alexander Stein
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Organisationen, die klimaneutral werden wollen, beginnen mit dem Ermitteln aller Treibhausgas-Quellen (CO2-Bilanz). Sie können dabei von Fördergeldern profitieren, denn das Bundesministerium für Wirtschaft undKlimaschutz (BMWK) fördert die Planung und Umsetzung der Transformation zur Treibhausgasneutralität.Gefördert werden Unternehmen aller Branchen und Größen, die Fördersumme beträgt max. 80.000 Euro. Dabei werden für KMU 60 Prozent (sonst 50 Prozent) der Kosten übernommen für (Quelle: BMWK):

  • die Erstellung und Zertifizierung einer CO2-Bilanz für einen oder mehrere Standorte eines  Unternehmens oder einer Gruppe von Unternehmen oder Unternehmensstandorten (Konvoi),
    für Standorte innerhalb Deutschlands
  • die Kosten für Energieberater und andere Beratungskosten inklusive Einführung von  Umsetzungsprozessen im Unternehmen (Klimaschutzmanagement)
  • die Kosten für erforderliche Messungen, Datenerhebungen und Datenbeschaffungen, möglicherweise in Kombination mit einem Antrag in Modul 3 der EEW (Mess-, Steuer- und Regelungstechnik, Sensorik und Energiemanagementsoft)
  • mögliche weitere Kosten, die im Zusammenhang mit der Erstellung des Transformationskonzeptes entstehen.

Weitere Informationen zur Förderung von Transformationskonzepten

Fazit

Die neuen Forderungen zum Energiesparen bieten Unternehmen die Chance, ihren Energieverbrauch genau unter die Lupe zu nehmen und Einsparpotenziale zu identifizieren. Die Reduzierung des Energieverbrauchs spart nicht nur Kosten, sondern erhöht die Versorgungssicherheit für alle. Eine Transformation zum klimaneutralen Unternehmen ist der nächste logische Schritt, denn Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein.

(Quelle: Presseinformation der QUMsult GmbH & Co. KG)

Schlagworte

ArbeitsräumeArbeitsstättenEnergiekriseEnergiewende

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